Stuttgart, 16. März 2020 – Die Corona-Pandemie und der Strukturwandel haben auch am Stuttgarter Büromarkt Spuren hinterlassen: Der Flächenumsatz ist im letzten Jahr auf den niedrigsten Stand seit 2006 gesunken; der Leerstand hat sich erholt. Gleichzeitig wird deutlich, dass moderne Arbeitswelten durchaus mehr umfassen als den eigentlichen Arbeitsplatz im Büro.
Ein deutlich größeres Flächenangebot kennzeichnen die derzeitige Situation des Büromarkts in Stuttgart. Dieser konnte im Jahr 2019 einen Flächenumsatz von 141.000 Quadratmetern verzeichnen, was einem Rückgang um rund 55 Prozent gegenüber dem Rekord-Vorjahr entspricht. Die Leerstandsquote ist auf 3,1 Prozent gestiegen, was einem Flächenangebot von etwa 249.000 Quadratmetern entsprach. Damit zeichnet sich eine dringend nötige Entspannung beim knappen Leerstand der vergangenen Jahre von zuletzt 1,9 Prozent ab – krisenbedingt aber mit der Gefahr von Flächenüberangeboten in einigen Teilmärkten. Dies geht aus dem aktuellen Stuttgarter Büromarktbericht der
E & G Real Estate und der Stuttgarter Wirtschaftsförderung hervor.
Den größten Einzelabschluss bilden die rund 14.545 Quadratmeter Bürofläche, die die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation im ersten Halbjahr in Stuttgart-Bad Cannstatt angemietet hat. Der zweitgrößte Abschluss mit rund 7.600 Quadratmetern erfolgte im vierten Quartal durch den Eigennutzer indasys IT Systemhaus AG in Stuttgart-Weilimdorf. Ein weiterer Mietvertragsabschluss des Landes Baden-Württemberg in Stuttgart-Feuerbach lag bei 7.510 Quadratmetern.
Öffentliche Hand weiterhin an der Spitze
Mit Flächen von rund 37.900 Quadratmetern blieb die öffentliche Hand auch im Jahr 2020 stärkster Nachfrager. Beratungsunternehmen spielten mit 28.000 Quadratmetern ebenfalls eine große Rolle – bei ihnen war bereits 2019 eine steigende Nachfrage zu erkennen gewesen. Ein ebenfalls vergleichsweise guter Flächenumsatz von rund 15.400 Quadratmetern entfiel auf die kontinuierlich wachsende IT-Branche. Die in der Vergangenheit für große Flächenumsätze verantwortlichen Industrieunternehmen waren durch die Infektionslage und die Umwälzungen in der Branche kaum noch vertreten.
„Gerade aufgrund der vielfältigen Transformationsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft investiert die Stadt im aktuellen Etat einige Milliarden Euro in Zukunftsfelder und Schlüsseltechnologien“, sagt Ines Aufrecht, die die Wirtschaftsförderung der Stadt leitet. „Dazu gehören unter anderem nachhaltige Mobilität, Umwelttechnologien, erneuerbare Energien und Ressourceneffizienz, Informations- und Kommunikationstechnologien, Green IT und intelligente Produkte. So tragen wir dazu bei, dass Stuttgart auch weiterhin so viel Lebens-, Wirtschafts- und Arbeitsqualität bieten kann wie in der Vergangenheit“, so Aufrecht.
„Die Auswirkungen der Corona-Pandemie zeigen im Büromarktbereich: Nicht so sehr die Suche nach neuen Flächen steht derzeit im Vordergrund. Es geht eher darum, wie stark sich die Anforderungen an den Zuschnitt und die Ausstattung von Büroflächen wandeln und welche neuen Dienstleistungen für die Unternehmen und ihre Angestellten ein gutes Angebot umfassen sollte.“, sagt Ulrich Nestel, Leiter Bürovermietung bei
E & G Real Estate. „Sharing-Infrastrukturen werden zum Beispiel immer stärker nachgefragt, genauso wie Paketannahmestationen, aber auch Silent Rooms und Telefonboxen oder ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Nebenkostenmanagement.“
Entspannung bei den Flächen
Das Flächenangebot belief sich insgesamt auf 249.000 Quadratmeter, was einer Leerstandsquote von 3,1 Prozent entspricht. In manchen Gebieten war im letzten Jahr eine geradezu explosionsartige Flächenzunahme zu verzeichnen – etwa in Leinfelden-Echterdingen oder in Vaihingen. An beiden Standorten kamen durch die Fertigstellung der Projekte „Vision ONE“ und „Neo“ hochwertige Neubauflächen auf den Markt, in denen Teilflächen bereits vermietet sind. In Feuerbach erhöhte sich das Angebot überwiegend durch Flächenverkleinerungen ansässiger Unternehmen und durch fertiggestellte Neubauten wie zum Beispiel das „MAYOFFICE“, für das gleichfalls schon einige Mietverträge unterzeichnet wurden.
Obwohl es in der Stuttgarter City immer noch an Neubauflächen fehlt, legte das Angebot hier ebenfalls deutlich zu. Auch in der Innenstadt gab es wieder mehr Flächenauswahl. Die Fertigstellung kleinerer Projekte in der City wird in den kommenden ein bis zwei Jahren ebenfalls für das dringend benötigte Anwachsen des Angebots sorgen. Ab 2025 stehen einige Großprojekte an – das Angebot könnte sich dadurch um Flächen im sechsstelligen Bereich erhöhen.
Spitzen- und Durchschnittsmiete steigen wieder
Der Spitzenmietpreis lag mit 25,50 Euro je Quadratmeter rund 6 Prozent über dem Vorjahreswert. In einigen Bestandsobjekten in der City wie zum Beispiel den Königsbau-Passagen oder dem Z-UP wurden teils deutliche Mietpreissteigerungen realisiert, die zu dieser Spitzenmiete geführt haben. Neubauabschlüsse flossen mangels fehlender Projekte in der City nicht in die Berechnung ein.
Über das gesamte Stadtgebiet betrachtet konnte auch die Durchschnittsmiete gesteigert werden: mit nunmehr 16,50 Euro je Quadratmeter um 1,8 Prozent. Im Gegensatz zur City wurden in den umliegenden Teilmärkten zahlreiche Neubauflächen angemietet. In südlicher Randlage waren dies beispielsweise Abschlüsse im fertiggestellten Neubau „Neo“ in Vaihingen sowie im Bürocampus „Vision ONE“ in Leinfelden-Echterdingen.
„In den letzten Jahren war das Flächenangebot des Stuttgarter Büromarkts deutlich zu knapp. Eine Zunahme des Leerstands in gewissem Umfang ist nach wie vor erforderlich“, so Ulrich Nestel. „Die Corona-Pandemie zwingt viele Unternehmen, sich mit flexibleren Arbeitsplatzmodellen auseinanderzusetzen, aus denen mögliche Flächeneinsparungen resultieren könnten. Vor allem die Industrieunternehmen werden wegen der unabhängig hiervon notwendigen Umstrukturierungen, ausgelöst durch technische Umwälzungen und die zunehmende Digitalisierung, in den kommenden Jahren größere Flächen freisetzen. An ihren Standorten muss daher teilweise mit einem Überangebot gerechnet werden, das selbst in krisenfreien Zeiten nur mit längeren Vermarktungszeiten platziert werden kann.“
Der aktuelle Büromarktbericht ist zum Download hier bereitgestellt.